Zurück von meiner kurzen Reise auf die Kapverden verstehe ich das kapverdische Wort „Sodade“ – ein melancholisches Lebensgefühl, so wie der Blues, dass sich am besten als "Sehnsucht nach dem Paradies" beschreiben lässt. Denn am liebsten würde ich gleich wieder zurück!😊
Neben dem „Sodade“ erlebte ich auch viel „Morabeza“ – Lebensfreude, die hier allgegenwärtig ist. Die Menschen besitzen auf den ersten Blick vielleicht wenig, doch ihr Reichtum an Herzlichkeit ist umso beeindruckender. Besonders berührt haben mich die Begegnungen, sowohl mit den Einheimischen als auch den faszinierenden Meeresbewohnern.
Mein erstes Ziel ist der ruhige Fischerort Tarrafal im Norden der Insel Santiago. Die meisten Menschen leben hier vom Fischfang und der Landwirtschaft, Tourismus spielt bislang nur eine kleine Rolle. Es gibt nur wenige kleine Pensionen und Gästehäuser, obwohl der malerische Sandstrand, eingerahmt vom 650 Meter hohen Monte Graciosa, wie ein unentdeckter Schatz wirkt.
In der nahegelegenen King Bay befindet sich das King Fisher Village, eines der größeren Unterkünfte mit 16 Zimmern. Hier herrscht eine friedliche Atmosphäre: das Rauschen des Meeres, spielende Kinder aus dem Dorf, die von Felsen ins Wasser springen, und ein sanfter Wind, der durch Palmen und Bougainvillea-Sträucher weht. Bei meiner Ankunft begrüßt mich Salsa, die junge Resortmanagerin aus der Schweiz und begeisterte Surferin. Sie erzählt von den großen Plänen für das King Fisher Village. Bereits jetzt kann man ein köstliches Frühstück mit hausgemachtem Brot, Marmeladen und kapverdischen Spezialitäten genießen, während am Abend der Schweizer Koch Flavio Gourmetmenüs zaubert. Dazu gibt es exzellente Margarita-Cocktails oder Weine von der Nachbarinsel Fogo. Mit etwas Glück kann man bei Sonnenuntergang sogar den mächtigen Vulkankegel von Fogo sehen – ein traumhaftes Panorama.
Im Mai 2019 wird das King Fisher Village wegen Renovierungen vorübergehend schließen, doch das Divecenter Santiago bleibt geöffnet und zieht in die nahegelegene Santiago Lounge um. Nebenan befinden sich auch das Casa Strela und Villa Strela, charmante Gästehäuser, die von Andreas, einem weiteren Schweizer, geführt werden.
(Nachtrag: Seit 2019 sind die Renovierungen abgeschlossen und es strahlt nun wieder im frischen Ambiente)
Das Divecenter Santiago liegt direkt neben dem King Fisher Village und bietet perfekten Zugang zum Hausriff. Diese Nähe ist auf den Kapverden eine Seltenheit. In der Umgebung gibt es etwa 15 Tauchplätze, die in wenigen Minuten per Boot erreichbar sind.
Die Betreiber sind Georg Bachschmid und der Kapverdier Emanuel D’Oliveira. Emanuel ist ein erfahrener Taucher und Autor eines Riffführers über die Kapverden. Georg hat den halben Globus bereist, doch sein Augsburger Dialekt ist unverkennbar geblieben. Statt den Fotoladen seines Vaters zu übernehmen, hat er seine Kamera mit in die Tiefen des Meeres genommen.
Beim Abstieg ins Hausriff mit Georg, nur mit einem 3-mm-Anzug im Atlantik, bin ich überrascht: Durch die Nähe zum Äquator ist das Wasser im September angenehm warm bei 26 Grad. Zunächst tauchen wir über eine sandige Ebene, dann entlang steiler Felswände, die zu riesigen Canyons und Felstürmen führen. Überhänge, bedeckt mit leuchtend gelben Kelchkorallen, Peitschenkorallen, Gorgonien und schwarzen Korallen, prägen die Unterwasserwelt. Zwischen Algen und Schwämmen verstecken sich Anglerfische und Seepferdchen, während Trompetenfische, Muränen und bunte Schwärme von Soldaten- und Papageienfischen vorbei gleiten. Georg zeigt mir einen Kraken, der sich streicheln lässt – eine faszinierende Erfahrung. Besonders beeindruckend ist „The Arch“, ein gewaltiger Torbogen, wo sich die gesamte Vielfalt des Meereslebens zu einem unglaublichen Spektakel vereint.
Santiago lässt sich auf viele Arten erkunden – sei es beim Wandern, Mountainbiken oder mit dem Mietwagen. Eine geführte Tour bietet besonders eindrucksvolle Erlebnisse. Mit dem einheimischen Guide Adi ging es begleitet von lebhaften Reggae-Klängen aus dem Autoradio über die Bergpässe des Serra Malagueta Nationalparks. Hinter jeder Kurve erwartete uns ein neuer, atemberaubender Blick auf die bis zu 1000 Meter hohen Felsen. Selbst in diesen Höhen bauen die Bauern Mais, Bohnen und Zuckerrohr an.
Überall herrscht reges Treiben: Hunde, Ziegen und Kühe überqueren die Straßen, während Frauen Früchtekörbe auf dem Kopf balancieren und Familien vor ihren Hütten sitzen. Märkte voller Farben und Gerüche bieten alles, von Früchten und Gemüse über Hühner, Schweine und fangfrischen Fisch bis hin zu Kleidung und afrikanischen Stoffen. Große Supermärkte gibt es kaum, und Mechaniker bieten ihre Dienste an und schaffen es mit Geschick, einfach alles wieder zum Laufen zu bringen.
Historische Orte wie Cidade Velha erzählen die Geschichte der Insel. Hier landeten 1460 die Portugiesen und etablierten den Sklavenhandel der Neuzeit, der Menschen aus verschiedenen Kulturen in alle Welt zerstreute und die Grundlage der heutigen kreolischen Kultur schuf. Der Sklavenpranger und das Fort Real de São Filipe zeugen von dieser dunklen Zeit. Doch heute sind die Kapverdier stolz auf ihre bewegte Vergangenheit und ihre eigenständige Identität.
Der zweite Teil meiner Reise führte mich auf die Insel Sal, das Gegenstück zu Santiago: flach, trocken und gesäumt von den schönsten Stränden der Kapverden – perfekt für einen Badeurlaub. Entlang des kilometerlangen Strandes von Santa Maria reihen sich zahlreiche Hotels, darunter das elegante Morabeza Hotel und die preiswerteren Optionen wie das Dunas Del Sal und das Budha Beach Hotel, in dem ich übernachtet habe. Von dort erreicht man die Eco Dive School Cabo Verde in wenigen Minuten zu Fuß entlang des Strandes.
Auf Sal dreht sich alles um Entspannen, Tauchen und Surfen. Doch auch ein Tagesausflug lohnt sich. Mit einem gemieteten Pick-up fuhr ich zur Buracona-Grotte, wo das Sonnenlicht das Wasser in magischem Blau leuchten lässt. Weiter ging es zu den Salzminen von Pedra de Lume, wo man wie im Toten Meer im salzhaltigen Wasser treiben kann. Ein weiteres Highlight ist Shark Bay, wo man junge Zitronenhaie im flachen Wasser beobachten kann – ein Erlebnis, das ich mit Melissa, einem farbenfrohen lokalen Guide, teilte.
Die Eco Diving School Cabo Verde liegt direkt am Strand und strahlt mit ihrem rustikalen Beachlook eine entspannte Atmosphäre aus. Die Basenleiterin Sandra, eine Meeresbiologin aus Berlin, bot eine besondere Erfahrung: eine nächtliche Schildkrötenwanderung. Unter dem Sternenhimmel beobachteten wir die beeindruckenden Tiere bei der Eiablage – ein magischer Moment. Sandra erklärte uns, dass Turtle Walks, unter professioneller Anleitung und im respektvollen Abstand, ein wichtigen Beitrag zum Schutz der bedrohten Meeresschildkröten leisten können, und ich entschied mich, eine Schildkröte zu adoptieren, die ich dann auch auf einen Namen taufen durfte und per Urkunde bestätigt bekomme. „Sam“ heisst der/die Kleine😊. Jetzt erhalte ich regelmäßig Updates über Sams Entwicklung per Email – ein wundervolles Projekt!
Rund um Sal gibt es etwa 25 Tauchplätze, viele davon in der Nähe von Santa Maria, die mit dem Zodiac erreicht werden. Die entlegeneren Plätze im Nordwesten, wie die Grotte Buracona, werden per Landeinstieg betaucht. Morgens stehen oft Doppeltauchgänge mit Oberflächenpause auf dem Programm, und je nach Vereinbarung folgt ein weiterer Einzeltauchgang am Nachmittag.
Es gibt mehrere Wracks in moderaten Tiefen von 10 bis 25 Metern sowie zahlreiche Basaltriffe zu entdecken. Die Meeresvielfalt ist ähnlich wie auf Santiago, mit Wrackaufbauten und Überhängen, die dicht mit leuchtend gelben Kelchkorallen bedeckt sind. In geschützten Bereichen tummeln sich zahlreiche Soldaten-, Drücker- und Doktorfische, während sich in den Ritzen Spinnenkrebse, Lobster und Bärenkrebse verstecken. Auf einem einzigen Tauchgang konnte ich Muränen in verschiedensten Farben und Größen beobachten. Ich sah auch kapitale Makrelen und Schwärme dicker Tunfische, durch die Strömung jagen.
Besonders häufig begegnete ich Schildkröten, die durch das Wasser rudern. Vor allem in den Sommermonaten, wenn sie an den Stränden nach Nistplätzen suchen, finden die sich hier zahlreich ein.
Ein Highlight waren die fast schon inflationäre Anzahl friedlicher Igelfische, die einfach durch Ihre Anzahl beeindrucken.
Doch das war noch lange nicht alles – hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre ich sicher auch zu den bekannten Tauchspots Buracona und Dos Oljohs abgestiegen, berühmt für ihr Höhlengewirr und das faszinierende Spiel von Licht und Schatten.